SCHIBIG BILDHAUER   CH-6422 Steinen Switzerland

HOLZSCHNITZER, HOLZBILDHAUER, VERGOLDER, RESTAURATOR

WOOD-CARVING, SCULPTURE IN WOOD, GILDING, RESTORATION

sculptor-Rundschreiben 6

17.05.07

 

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Viel Vergnügen wünscht                               Bildhauer Josef Schibig

Im Mai finde ich auf dem Kalender diesen Spruch von Ludwig Hohl: „Es ist mit der Lebensführung wie mit der Handschrift: die Nullheiten machen viele Schnörkel.“

Da müssen wir Ornamentler uns ja wirklich betupft fühlen, machen wir doch ein Leben lang praktisch „nur“ Schnörkel . . .

Doch immerhin bedrängen unsere Schnörkel die Mitmenschen nicht dermassen penetrant wie jene der Musikindustrie, unausweichlich von der Wiege bis zur Bahre, vom WC bis ins Bett.

 

 

Aldo Santambrogio, Holzbildhauer, arbeitete in der Schweiz seit mehr als 50 Jahren selbständig, grossenteils für die Denkmalpflege. Altershalber kann er kaum noch aktiv sein. Er wäre sehr froh, wenn er eine Reihe von Rahmen und Stilmöbeln allerhöchster Qualität, die er im Laufe der Zeit für sich selber geschaffen hat, in gute Hände abgeben könnte, zu äusserst günstigen Preisen, am liebsten alles zusammen pauschal.

Zum unverbindlichen Besichtigen: A. Santambrogio, Marktstrasse 6, 9244 Niederuzwil, 071 951 68 91

Rosinen aus den VSHB-NACHRICHTEN

 

Fortsetzung von Seite 5:       Der Jahresbericht 1967 des Vereines der Zürcher Bildhauermeister belegt sehr reiche Aktivität und lässt fast vermuten, es sei dort mehr gelaufen als im „Zentralverband“?

Neben allgemeinen Gedanken über Bildhauerei und das Gestalten (Werner Dort erinnert sich z.B. an seine Ausbildung:  „Wenn ich an die Kunstwerke Giacomettis denke, kommen mir unwillkürlich jene Episoden in der Kunstgewerbeschule in den Sinn, wo in der Modellierstunde die gebastelten Drahtgestelle mit dem ersten Ton oder Gips umgeben wurden. Schon vor 45 Jahren hatten wir Lehrlinge unsere Freude an den ulkigen Gebilden, die wie Witzfiguren oder Karikaturen auf ihren Brettchen dominierten . . .“) zählt er unter anderem auf:

Fonduetreffen in Steinen; W. Dort als Prüfungsexperte bestätigt; GV im Hotel Limmathof in Zürich, wo Melk Scheuber aufgenommen wird; Jahresbeitrag auf Fr. 15.- erhöht; Programm für 3-tägigen Besuch der Süddeutschen Bildhauer festgelegt; Preisansätze der Selbständigen generell um 8 bis 10 % auf Fr. 11.- bis 15.- pro Stunde erhöht; Mappen anschaffen für den Rund-Versand der Bibliotheksbücher; Referat über den Schwarzen Erdteil, mit Lichtbildern; Lehrlingsprüfung in Brienz besucht; Kunstwissenschaftliches Institut in Zürich besucht; Empörung über die Absicht des Volkswirtschafts-Departements, die Lehrzeit auf 3 Jahre herabzusetzen: „ein brillanter Schreibtischgedanke“; 3-tägiger Besuch der Bundesverbandstagung der Stein- und Holzbildhauer in Karlsruhe; Besuch des Kunsthauses Zürich an einem Samstag-Nachmittag; Intervention beim Architekten, für das gemeinsame Restaurieren der Orgel der Kathedrale St. Gallen, leider erfolglos; Rundschreiben zum Erlangen guter Bilder/Entwürfe von Holzgrabmalen, für eine Broschüre; KUNST+STEIN ist daran nicht interessiert, da (Zitat) „Holzgrabzeichen aus Brienz und Unterwalden für das heutige Empfinden wie ein rotes Tuch seien“. Poing!

Für die kommende Jahresversammlung wird ein Kurs über das Spritzen und Patinieren veranstaltet.

Ein recht gedrängtes Programm für ein so kleines Gremium!

 

Mit der Einladung zur 19. GV, März 1968 in Appenzell, wurde auch eine Studienfahrt nach Paris ausgeschrieben, organisiert von Josef Dettlinger, Obermeister der Holzbildhauerinnung Südbaden. Diese wurde im Oktober gleichen Jahres durchgeführt.

Erstmals wurde eine Mitglieder-Adressliste veröffentlicht: 45 Mitglieder, alles Selbständige.

Im Oktober 68 wurde in der Werkstatt von Josef Z‘Rotz in Stansstad  ein Bildungstreffen mit folgenden Themen durchgeführt, mit 10 Teilnehmern: zuerst hatten alle eine kleine Sitzende Madonna nach einer Skizze von Josef Nauer zu modellieren; dann wurde das schwierigste Modell (mit Durchbrüchen usw.) gemeinsam unter Anleitung von Stukkateur Giovanni Basso abgegossen, alles in einem Tag. Am folgenden Sonntag gab César Jaeggi einen Überblick über die Heraldik; weiter wurde ein kleiner Kurs über das Lichtpausen durchgeführt. Auch wurden zuvor noch die mitgebrachten Fotos von eigenen Arbeiten gemeinsam besprochen und anregend kritisiert.

Bei Conrad Gubler in Weinfelden ging im Oktober 68 ein Bildhauertreffen über die Bühne: Besichtigen seiner Werke (Malerei und Holzskulptur). Die Skulpturen sind aus vieltausendjährigem Eichenholz aus dem Schwemmgebiet der Thur; auf Gublers Kellerbühne Sketchs von Alfons Zwicker aus St. Gallen; Lichtbildvortrag über eine Reise nach Griechenland.

Zitat: „das gemeinsame Nachtessen im Gerichtsaale, mit mancherlei Gedankenaustausch, zog sich derart in die Länge, dass es nur noch im Galopp auf den letzten Zug reichte.“

Bronzeguss nach der Kursarbeit von J. Schibig

Episoden aus dem Schnitzlerleben

 

Schon während den zwei Jahren Sekundarschule, die ich mit einem einzigen Kameraden von Steinen im Kollegium Schwyz besuchen durfte, war mir in den Schulstunden immer eher langweilig: was die Herren Professoren - vielfach Geistliche - dozierten, war mir vielfach schon intus bevor sie auch nur mit ihren Vorträgen richtig in Fahrt kamen, weil ich mit einer eher schnellen Auffassungsgabe gesegnet war. Ist das Grosssprecherei? Zum Teil schon; dabei ist mir aber sehr bewusst, dass der Liebe Gott jeden Menschen gleich gern hat, und auch jeden wieder mit anderen Gaben, Talenten bestückt! So bin ich dann auch im Vergessen des Gelernten manchmal recht schnell . . . Sei dem wie es wolle, ich begann also während der 2. Sek Englisch zu lernen, aus Büchern und in Abendkursen des Kaufmännischen Vereins. Bald folgten auch sogenannte Poehlmann-Kurse. Das waren damals sehr verbreitete Erfolgs-Kurse. In kleinen Inseraten wurde ein flotter junger Mann im Ledermantel gezeigt, der im Begriff war, auf ein starkes Motorrad aufzusteigen, der Inbegriff eines Bubentraumes: Autos lagen anno dunnemals noch nicht einmal in Reichweite der Träume. Der junge Mann war im Begriff, Ingenieur zu werden, dank der Erfolgskurse von Poehlmann! Dabei lernte man alles Mögliche: Körperübungen, Geistes- und Willenstraining, Planen des eigenen Lebenslaufes, Tricks für das Schnellesen, Strategien für das Lernen und gezieltes Speichern des Gelesenen usw. usw. Heute würde man wohl darüber lächeln. Man wurde dabei aber nicht unbedingt dümmer.

Gegen Ende der Lehre kam ein weiteres Feld dazu, die berufsbegleitende Abendausbildung für die Matura. Das gab allerhand zu studieren: der gleiche Stoff, den die betuchteren Jünglinge in mehreren Jahren in Vollzeit-Gymnasien erlernten, in ca. zwei Jahren Abendstudium hineinzustopfen. Da blieb nichts anderes übrig, als täglich um fünf Uhr aufzustehen und zu lernen bis halb sieben, dann schnelles Frühstück bei der Meisterin, um sieben Arbeitsbeginn in der Holzbildhauerei, zehn Tagesstunden. Weder Stolz noch Mitleid ist nötig; man passt sich sehr schnell an einen solchen etwas gedrängteren Rhythmus an und fühlt sich dabei absolut nicht schlecht. Allerdings fördert es nicht gerade das Verständnis für die Verachtung der „Leistungsgesellschaft“, welche Jahrzehnte später um sich griff - hauptsächlich von Leuten, die sich am liebsten ohne jede Eigenleistung am „Busen des Vaters Staat“ suhlen (das Bild ist so verquer wie die angesprochene Lebensauffassung . . .) Aber eben leider, gegen Ende der Ausbildung hat es mir dann doch ausgehängt; ich nahm, zwecks gründlichem Erlernen des Französischen, eine Stelle in Lausanne an. Französisch habe ich zwar einigermassen gelernt; dafür blieben dann aber die letzten Maturitätskurse samt Prüfungen auf der Strecke. Tant pis!

 

Eine weitere Rückblende ist fällig: zwei Jahre als „Giüsep ul Svizzer“ in Norditalien.

Da hatte mir also der Antonio Colombo die Stelle in seinem ehemaligen Lehrbetrieb in Meda/Brianza Italien verschafft. Es war vereinbart, dass ich keinen Lohn erhalte, dafür Kost und Logis beim Meister, und meist am Sonntagmorgen gab es auch noch ein paar Lire Trinkgeld. Ich fuhr also mit dem Zug auf der Gotthardlinie bis zur kleinen Station Camnago in der Provinz Como, meine ganzen Habseligkeiten samt Werkzeug in einem Koffer aus schwarzem Fiberkarton - sah fast echt wie Leder aus. In Camnago stieg ausser mir niemand aus; zum Glück klappte es mit dem Abholen: Antonio, der jüngere Sohn von Meister Luigi Minotti hiess mich willkommen. Meinen Koffer wuchteten wir auf die Lenkstange seiner Bicicletta. Weil er sich auskannte, nahmen wir nicht den etwas längeren Weg auf der Strasse via Barlassina  nach Meda, sondern schoben das Velo erst ein paar hundert Meter weit auf dem Schotter-Bahndamm bis zu einer Bahnschranke, und schon waren wir auf der Via Libertà, an der sich auch die Werkstatt der Minottis findet. Mein Galakoffer verhielt sich auf Antonios Lenkstange bemerkenswert ruhig; beim Abladen stellte es sich dann heraus, dass die Schraubenmutter, mit welcher der Lenker an der Vordergabel befestigt war, sich tief in die Innereien des Koffer gebohrt und damit die Sache so schön fixiert hatte. Aber, kein Problem, bei solchen Weltreisen muss man mit kleineren Verlusten rechnen! Wir trotteten also nochmals etwa zwei Kilometer auf der Naturstrasse dahin; bald kamen wir zu den ersten Häusern von Meda, und schon waren wir am Ziel. Beim Einbiegen in den Innenhof von Minottis Haus fiel mir oben im Dachdreieck eine Malerei auf:

Tel +41 041 832 14 39 / Fax +41 041 832 14 57
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SCHIBIG BILDHAUER, Bitzistrasse 11

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Hier gehts zurück  -  und hier geht’s weiter im Text:

Sichel und Hammer, ganz riesig und genau so gemalt, wie es in den Karikaturen immer dargestellt wird, mit herabgelaufener verschmierter Farbe. Wenigstens war das Emblem nicht rot, sondern schwarz. (Vermutlich darum, weil im kürzlich verflossenen Faschismus die rote Farbe nicht überall am Lager war.) Der Meister samt der ganzen Familie begrüsste mich sehr herzlich. Er ergriff meine beiden Schultern und rief aus: „Giuseppe, bist du mager! Du wirst aber sehen, bis in einem Jahr bist du dann viel runder!“ Gleich zeigte man mir die Werkstatt, dann ging es in den ersten Stock in das grosszügige und für meine Begriffe feudal möblierte Zimmer, das ich mit Antonio teilen würde. Dann wurde abgemacht, ich solle für den Anfang die Mahlzeiten ausser dem eher symbolischen Frühstück jeweils in der Trattoria „al Bersagliere“ einnehmen, die im zweiten Flügel der Cascina eingemietet war. Damit also zum rundlicher werden: angeschlagen hat es mir eigentlich nicht, obwohl ich mich daran gewöhnen musste, für mich absolut unmöglich grosse Portionen von Risotto oder Pasta usw. zu verdrücken; kein Pardon, Tellerservice, mit rotem Wein à discretion.

Ausser mir assen bei Sciura Pina immer um die zehn Bauarbeiter. Wie die merkten, dass ich ein Capitalista aus der reichen Schweiz sei, stellte sich auch schnell heraus, warum das grosse schwarze Emblem im Giebel prangte: hier war die Stammbeiz der Kommunisten. Nun, wir kamen sehr gut zu Rande miteinander. Wenn sie mir ihre immer gleichen internationalen Parolen um die Ohren schlugen, wechselten sie jeweils auf „gutes“ Italienisch, sonst diskutierten wir, und das ausgiebig, auf Dialekt. So konnte ich die beiden Sprachen reichlichst üben. Ideologisch wurde ich nicht wesentlich beeinflusst; so sang ich jeweils, wenn meine compagni am Abend nach reichlichem Rotweingenuss inbrünstig die Internationale intonierten, auch nicht mal zum Scheine mit. Was alle wussten, was man aber so kurz nach dem Krieg besser nicht laut sagte: noch vor wenigen Jahren stak die Mehrheit der Compatrioti stramm in schwarzen Hemden; und mit dem Verschwinden der dunklen Hemden waren in zauberhafter Weise auch sämtliche Faschisten ausgestorben, es gab in dieser Gegend nur noch Kommunisten, Nenni- und Saragat-Sozialisten, und die waren das scheinbar schon immer gewesen! Von der Democrazia Cristiana bemerkte man in unserem angeschriebenen Haus natürlicherweise kaum etwas. Nur ein alter vertrockneter Onkel bekannte sich zu ihnen; zu allem Unglück stellte sich heraus, dass ihn seine Libido etwas zum (damals noch . . .) falschen Ufer zog. No harm meant!

Meister Luigi und seine Lina legten auf Kleider keinen Wert, mindestens am Werktag sahen sie aus wie herabgekommene Zigeuner, mit ewiger Zigarette, Gesicht und Hände verbraucht und verschrumpelt. Das minderte ihr Menschsein nicht im Geringsten, beide waren seelengut und selbstlos. Auch das hätte man nicht laut sagen dürfen, sie selber hätten darauf höchstens mit wegwerfenden Gesten reagiert. Ein Müsterchen dazu:

Der Chef war immer schon vor halb sieben in der Werkstatt an der Arbeit, die Meisterin in der Küche, wir andern begannen um sieben. Eines Tages - wir drei Junge lagen eher spät noch im Bett - höre ich den Meister von der Werkstatt herauf  ganz barsch rufen: „Lina, fa levà sü i fjö!“ („wecke die Jungen!“). Sie brummt darauf in der Küche nur: „Eeeeh!“ Nach weitern drei Minuten ruft er erneut: kein Echo aus der Küche. Luigi wartet nochmals eine kurze Weile, kommt dann entschlossenen Schrittes die Aussentreppe herauf, ich höre, wie er sich auf dem Terrassen-Gang unserer Schlafzimmertür nähert, schon nicht mehr so pressant. Ich stelle mich schlafend, er drückt ganz vorsichtig den Türgriff und linst anscheinend einen Moment in unser Zimmer, dann brummelt er leise vor sich hin: „Eh beh, lascia li dormire ancora un pò.“ (Lassen wir sie doch noch ein wenig schlafen.)

Oder dies: Minottis Leidenschaft war es, sich am Sonntag im Hotel Eden im Zentrum von Meda mit den Notabeln zum Schach zu treffen - dann natürlich sauber rasiert, in piekfeiner Schale und mit schwarzen engen Massschuhen. Anfänglich hatten wir für die ganze Familie drei alte Klepper von Fahrrädern.  Wenn also der Meister eines davon brauchte, um schuhschonend ins Eden zu pedalen, mussten die zwei Söhne und ich zusammen uns zwei Zweiräder teilen. Jetzt kam es vor, dass wir am Sonntag beim Mittagessen abmachten, wir möchten am Nachmittag im Villoresi-Kanal baden - ein Weg 18 km. Kurzes Rechnen in den Hinterköpfen, da sagt der gute Hausvater, schon sonntäglich gekleidet: „Ehmm, heute habe ich keine grosse Lust zum Schachspielen, nehmt ihr doch die Velos.“